Vorkonfirmandenzeit? Was ist das eigentlich?
Unsere Kirchengemeinde hat sich aus guten Gründen für das Modell KU 3/8 (Konfirmandenarbeit in zwei Phasen, eines der beiden regulären Modelle der Konfirmandenarbeit in unserer Landeskirche) entschieden.
Warum machen wir Konfi 3? Warum KU 3/8?
In der Konfirmandenarbeit begegnen junge Menschen der Kirche. Warum wir das hier in zwei Phasen machen, lässt sich vielleicht am Bild eines Baumes verdeutlichen.
Große alte Bäume haben oftmals etwas Faszinierendes. Viele Menschen bleiben staunend und ein bisschen ehrfürchtig davor stehen oder kommen im Schatten eines solchen Baumes zur Ruhe. Da gibt es den dicken Stamm, die knorrige Rinde, die Blätter, die vielen Äste, die sich verzweigen und immer dünner werden. Und im Sommer summt und zwitschert es. Vielleicht wird in einem selbst beim Anblick eines solchen Baumes eine Erinnerung lebendig. Die Erinnerung wie man als Kind gerne in Bäumen herumgeklettert ist oder wie wir versucht haben einen Menschenkreis um einen dicken Baum zu bilden.
Als Pfarrerin geht mir das so. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich als Kind gerne in unserem Kirschbaum im Garten herumgeklettert bin. Alte Bäume sind für mich ein Symbol für die Kirche. Dieses Symbol ist offen für unter- schiedliche Deutungen. Das ist gut so und gewollt.
a) Lange Tradition – Begegnung in zwei Lebensphasen
Bäume stehen für eine lange Tradition, denn sie können mehrere hundert Jahre alt werden. Sie leben deutlich länger als ein Mensch. Die Bäume, die wir heute genießen und bestaunen, wurden von Menschen gepflanzt, die lange vor uns lebten. Kirche gibt es seit über 2000 Jahren. Menschen, die lange vor uns lebten, haben sie geprägt und gestaltet. Manches kommt uns vielleicht ein wenig knorrig vor, an anderem reiben wir uns, mancher Ast stört vielleicht und wir würden ihn gerne abschneiden, anderes wiederum trägt uns.
Fest verwurzelt und standfest vermitteln Bäume Sicherheit – so wie es die Kirche für viele Menschen auch tut.
Oder denken wir dabei eher an Unbeweglichkeit?
So kritisch sehen Jugendliche in der Pubertät, also die traditionellen Konfirmandinnen und Konfirmanden, entwicklungsbedingt oft den alten Baum Kirche. Unbeweglich steht er da und verkörpert all das, von dem sie sich abgrenzen wollen. Deshalb sagen viele nach ihrer Konfirmation "Und Tschüss". Sie hinterfragen die Tradition und die Lebensformen. Der überlieferte Glaube muss sich ihren kritischen Fragen stellen. Nur so kann er zum eigenen Glauben der Jugendlichen werden. So mancher möchte den alten Baum am liebsten fällen und an seiner Stelle einen neuen pflanzen. Das war zu allen Zeiten so. Und so mancher berichtet mir lächelnd im Rahmen seines Konfirmationsjubiläums davon. Doch auch die Reformation selbst gibt gewissermaßen ein Zeugnis davon. Weil Jugendliche die Kirche aber oftmals nicht "reformieren" können, wenden sie sich von ihr ab. Das tun besonders die Jugendlichen, die in ihrem Leben noch keine Bindung zu diesem Baum herstellen konnten, denen er wenig oder nichts bedeutet, denen er nicht zum Freund wurde.
In Konfi 3 kann diese Verbindung aber entstehen. Dritt- und auch Viertklässler begegnen der Kirche als Kinder. Und Kinder begegnen dem alten Baum Kirche unbefangen und mit sehr viel Neugier. Sie wollen ihn entdecken, erobern, auf ihm herum klettern. Sie haben Interesse an Geschichten und wollen mit ihnen dem Leben auf die Spur kommen. Ein Baumhaus kann zu einem wichtigen Ort für sie werden, Rückzugsmöglichkeit und Ort zum Nachdenken. So kann der Baum zu einem Freund werden. Kinder können in der Kirche Heimat finden.
Umgekehrt muss sich Kirche aber auch verändern und Kindern Raum geben. Konfi 3 ist solch ein Raum da und gemeinsam machen wir uns als Gemeinde auf den Weg.
b) Gemeinschaft – Begleitung durch unterschiedliche Menschen
Darüber hinaus bieten Bäume Lebensraum für unzählige Tiere. Auch da stimmt die Parallele zur Kirche. Sie ist die Gemeinschaft der Glaubenden unterschiedlicher Kulturen, Konfessionen und Frömmigkeitsrichtungen, die Gemeinschaft aller Getauften. Ob es uns allerdings gefällt, wer da alles wohnen kann – das ist eine andere Frage.
Wem begegnen die Kinder also in Konfi 3? Zunächst begegnen sie anderen Kindern: Kindern aus anderen Schulklassen, Kindern aus dem katholsichen Religionsunterricht, aus anderen Ländern wie etwa im Rahmen der Sternsingeraktion … Das gemeinsame Erleben und das Lernen in einer anderen Lerngruppe ist eine große Chance für die Kinder.
Kinder begegnen in KU 3 aber auch Erwachsenen: dem Pfarrer/in, Jungarbeiter, erwachsenen und jugenlichen Teamern
Meine Erfahrung ist jedoch, dass die Kinder das Baumhaus am liebsten mit Menschen bauen, die ihnen vertraut sind. Stolz können sie sagen: „Mein Papa/meine Mama hat mit mir gebaut.“ Was das umgekehrt für Vater oder Mutter bedeutet, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Wer schon einmal in dankbar strahlende Kinderaugen geblickt hat, weiß, was ich meine. Kinder lernen gerne von und mit ihren Eltern.
Ganz anders die meisten Jugendlichen. Oftmals grenzen sie sich lieber von ihren Eltern ab. Freunde, ältere Jugendliche, Mitarbeitende in der Jugendarbeit werden als Begleiterinnen und Begleiter viel mehr geschätzt. Für Eltern ist das nicht leicht. Konfi 3 gibt Kindern und Eltern die Chance des gemeinsamen Entdeckens und der gemeinsamen Freude. Ganz intensiv geschieht das in den Kleingruppen. Stolz berichten die Kinder immer: „Dass Mama oder Papa heute mit dabei ist." Auch von den Eltern, die mitmachen, habe ich fast noch nie gehört, dass es keine gute Zeit mit ihrem Kind war. Im Gegenteil: „Die Zeit mit den Kindern war wunderbar. Es war keine Arbeit“. Im Gegenteil: mit Spaß und Freude ist man i.d.R. dabei: ob beim Kerzenbasteln, Plätzchenbacken, im Weihnachtsmärchen, bei der Kirchenrallye ... u.v.a.m.
Darüber hinaus ist die Mitarbeit bei Konfi 3 für Eltern auch eine Möglichkeit, zusammen mit den Kindern und mit anderen Eltern selbst dem alten Baum Kirche noch einmal neu zu begegnen: Fragen zu stellen, die Tragfähigkeit zu überprüfen, Antworten und sich der eigenen Heimat wieder zu vergewissern.
c) Werte, Hilfen zum Leben – Was haben die Kinder von Konfi 3?
Bäume sind wertvolle Sauerstoffspender und für die Atmosphäre unserer Erde unentbehrlich. Können wir das auch von der Kirche sagen?
Für viele Menschen sind die Werte, die sie bewahrt und weitergibt, eine wichtige Lebensgrundlage. Kirche bestimmt unser Leben, ohne dass wir das manchmal realisieren: den Wochenrhythmus, den Jahreskreis mit den Festen, unser persönliches Leben, das viele an den entscheidenden Wendepunkten (wie bspw. zur Geburt, zum Schulanfang, beim Erwachsenwerden, zur Hochzeit, im Trauerfall) mit Gottesdiensten begehen.
Wenn Kinder der Kirche begegnen gibt es viel für sie zu entdecken und zu erleben. Grundsätzlich geht es immer um die doppelte Frage: wer ist Gott und was bedeutet der Glaube an ihn für mein Leben? Geschichten von Gott und von Jesus sind immer auch Geschichten von Menschen. Themen wie Taufe und Abendmahl haben immer einen Bezug zum Leben der Kinder. Taufe bedeutet: jeder Mensch ist einzigartig und wertvoll. Gott liebt ihn vor aller eigenen Leistung. Dies wird dem Leistungsdenken entgegen gesetzt, mit dem Kinder in der 3. Klasse zunehmend konfrontiert werden. So kann die Rückbesinnung auf die Taufe einen wertvollen Beitrag leisten zur Stärkung des Selbstbewusstseins und die einseitige Betonung von Leistung korrigieren. Beim Thema Abendmahl geht es um Gemeinschaft, was sie ausmacht und wie gestörte Gemeinschaft wieder hergestellt werden kann. Auch dies ist für Drittklässler lebensnah, denn sie erfahren Konflikte z.B. in der Schulklasse bis hin zum Mobbing.
In Konfi 3 bringen die Kinder ihr Leben mit allen Sinnen in Verbindung mit Gott. In den Treffen wird nicht nur der Kopf der Kinder angesprochen. Es wird gemalt, gebastelt, gespielt, gebacken … Vielmehr wird der einzelne wahr- und ernst genommen. Und gemeinsam machen wir uns mit jedem neuen Treffen auf den Weg.